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Mandach-Bilder, Fotografien von Marianne Engel, Ausstellung am Sonntag 11. Juli 2004 von 14 bis 20 Uhr in der Scheune von Ruth und Thomas Keller an der Schattengasse 2 in 5318 Mandach

Ich bin in Mandach aufgewachsen, ich bin verwurzelt in dieser Landschaft, in diesem Mikrokosmos, in dem jeder Weg, jedes Wäldchen den Namen meiner Kinderfantasie trägt. Regelmässig stockt mir der Atem, wenn ich oben auf dem Rotberg um die Kurve fahre und hinabblicke, auf dieses Dorf, eingebettet in die bekannten Hügel. Und dann möchte ich mit den erwachsenen Augen wieder sehen wie ein Kind, möchte ich der Natur ihren Zauber zurückgeben, ihren Glanz.
Meine Art zu fotografieren hat sich vor dreizehn Jahren zu formen begonnen, mit dem Kauf einer alten Spiegelreflexkamera. Lange Belichtungszeiten, die Kamera ruhig auf dem Boden stehend, nachts, und schon entstanden Bilder, die von ihrer Farblichkeit und Klarheit her in ihrer Ausdruchsstärke den Tagbildern überlegen waren. Ich realisierte, dass ich die Fotokamera benutzen kann, wie der Maler seinen Pinsel.
Neben Neuseeland, Istrien, Zürich und Baden sind ein Grossteil meiner Bilder in Mandach entstanden. Diese werde ich nun zum ersten mal an ihrem Entstehungsort zeigen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Leute, die diese Landschaft, das Dorf kennen, auf die Bilder reagieren. Es sind Fotografien und in diesem Sinn dokumentarisch, dass sie nur zeigen, was vorhanden war. Doch eben deswegen wird manch einer verblüfft sein, ob dem knallroten Nachthimmel, der dem Schulhaus eine Präsenz verleiht, als würde gleich ein David Lynch Film loslaufen, ob den in Plastik gewickelten Heuballen, die wie Eier eines übernatürlichen Tiers wirken, vor dem bewegten Sternenhimmel, oder der Rebe, die sich mit einem Baum zu unterhalten scheint.
Lassen sie sich überraschen von diesen bis zu 1 x 1.5 m grossen Fotografien, die die Welt so zeigen, wie wir sie oft nicht sehen.

Marianne Engel
Baden, 27. Mai 04






Wir sind auf der Kletterstange gesessen auf dem Schulhausplatz in Mandach und haben saure Pflaumen geknabbert und uns darüber gewundert, dass wir nicht mehr wussten, weshalb wir uns verstritten hatten, meine Freundin und ich. Wir haben ein Raketeneis geholt bei meiner Mutter und dann eins bei ihrer. Unser Baumhaus hat nie jemand entdeckt, nur wir wussten darum, doch wir hatten ein silbernes Tablett dort im Gestrüpp beim Wäldchen, und wir haben edle Gäste bewirtet. In der Schutti demontierten wir alte Fernseher, die Lämpchen waren besonders begehrt. Es gab da auch Stoffetzen, Geschirr und Blumentöpfe. Der Regen hatte wieder neue Versteinerungen ans Licht gefördert, auf dem Feld oben auf dem Hügel. Der Schneckenfriedhof war gleich nebenan, und ich notierte etwas in mein Forscherheft und klebte ein Steinchen dazu. Später trat ich gegen den Wind mit dem Velo, als ich von der Schule kam, ich stand still auf der Pedale und fühlte mich wie in meinen Geschichten, die ich spann, im Wald gegen Böttstein runter, als es am Abend schon dunkel war. Auf beiden Seiten schloss sich die Strasse, und da wo ich war, tat sich die Hölle auf, sumpfig, verwesend. Später waren es dann vier ganz reale Wildschweine, die in einer verschneiten Vollmondnacht dort vor meinem Mofa den Weg kreuzten.









Ein Blitz hat den Baum getroffen, der bei der Fünferkreuzung stand. Ich glaube, das war in jener Nacht, als der Tornado wütete. Meine Mutter sah vom Balkon aus eine schwarze Wetterfront von Westen kommen. Ich hab mal ein Foto in diese Richtung gemacht, mit Blitzen drauf, im Fordergrund die Pappeln, die auf dem Schulhausplatz standen. Die eine haben sie in derselben Woche umgesägt, in der sie den hinkenden Dachs getötet haben, dem ich begegnet war, als ich mal gegen Morgen dick eingepackt mit dem Helm noch auf dem Kopf, wie ein Raumfahrer vom Rotberg runter heim wanderte, durch den Schnee, weil mein Mofa wiedermal in Villigen den Geist aufgab.










Wir sind den Tornadowald hochgekragselt, meine Schwester und ich. Und an versteckter Stelle haben wir unser Gärtchen angelegt. Später bin ich dort oben auf dem Grat, wo man nach Deutschland und ins Limmattal sieht, als englischer Jüngling auf die Knie gefallen. Ich hatte Käfer gefilmt, die knisternd in der Baumrinde verschwanden.